Komme Auf Die

Dunkle Seite Der Macht!

Gegen die Infamitäten des Lebens sind die besten Waffen: Tapferkeit, Eigensinn und Geduld.

Die Tapferkeit stärkt, der Eigensinn macht Spaß und die Geduld gibt Ruhe. Hermann Hesse (1877 - 1962)

This Is VaderBase

Clash Clash Bang Bang

„Der mittellose Erfinder Caractacus Potts kauft seinen Zwillingen Jemima und Jeremy zuliebe vom Schrottplatz das Wrack eines einst für Rennsportzwecke genutzten Autos. Eifrig wird der Wagen repariert, auf Hochglanz poliert und aufgrund seiner merkwürdigen Motoren- und Auspuffgeräusche Tschitti Tschitti Bäng Bäng getauft.Bald stellt sich heraus, dass der Wagen einiges mehr auf Lager hat als ein normales Auto.“

Das Polyester: Panton Ära und Poetry Slam.
So habe ich es vor vielen Jahren nur einmal flüchtig kennengelernt. Ein Ziel für den diesen Samstag galt es nun zu finden und eine herrlich skurrile Veranstaltung ließ überraschend ebendiesen Polyesterklub mit K ganz oben auf der Liste erscheinen: rot, eisblau, grün und goldbraun strahlte mich das fantastisch schräge Weltraumheldenquartett der mir noch gänzlich rätselhaften Kultursparte an. Ich überflog schnell die knappen Informationen über musikalische Aliens, Raumschiffe und ja, ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, Hörspiele und legte mir jedoch besonders angesichts des mir ins Auge stechenden grünen Protagonisten, der auf mich wirkte als sei er die uneheliche Tochter/ Sohn von Susanne und Plumpaquatsch die Stirn in Falten sowie auch bereits einige Erklärungen zurecht, falls der Abend in den Augen meiner Begleitung vielleicht etwas aus dem Niveauruder laufen sollte. Ich erwartete schlichte Chansonniers-Unterhaltung mit ein wenig affektierter Dragqueencomedy und mediokrem Liedermachergut nebst Akustikgitarre und latent schrillem Blödel-Humor. Das jedoch, was ich tatsächlich erlebte, war davon weit, weit entfernt…

Pünktlich ging die Reise durch die Galaxis los: vier Musiker in fantasievollen, sehr unterschiedlichen Kostümen betraten die Bühne vor „Qualitätspublikum“ im familiären Rahmen. Im geradezu alleinerziehend-familiären Rahmen, um es mal beim Namen zu nennen. Die Szenerie wirkte auf mich hier im beschaulichen Oldenburg im Wortsinn wie von einem anderen Stern und ich war augenblicklich dezent verstört-entzückt:

Eine männliche Gamora in Hotpants, unter blonder Perücke mit leuchtend grünen Fingerhandschuhen und entsprechend sorgfältig gefärbtem Gesicht nebst grünen Beinen in hohen Stiefeln spielt kernige E-Gitarre sowie zarte E-Geige und bringt für maximalen Kontrast die dunkel verzerrte, mitunter geschickt geloopte Roboterstimme mit ein (Gasher the 14th of Greenskull). Ein beeindruckender Lenny-Kravitz-Klingone gibt das Dr.-Teeth’sche Animal an den electronischen Percussions (Alexej zu Setitov). Wild and frenzy at it’s very, very best. Die Keyboards sowie ein durch Gesten gesteuertes, themerinartiges Gerät werden virtuos gespielt von einer exotischen Anime-Heldin, die auch mit rot glitzerndem Spacesuit alle Blicke auf sich zieht und sicher nicht nur Towa Tei den Atem stocken ließe (Faye Silkyway). Der Gesang wird dargeboten von einem weiblichen Androiden, der offensichtlich die besten Ideen von Daryl Hannahs Replikant Pris sowie dem Tertiary Adjunct of Unimatrix 01 großartig für sich kombinierte (Lia Hell).

Nachdem einige herrlich an lange vergangene Ehapa-Zeiten erinnernde Hörspiel-Zeilen noch den durchaus erwarteten ersten Rahmen dieses Auftritts absteckten, rauschte akustisch sogleich die Reise in ungeahnte Höhen empor im gleichen Maße wie mir der Unterkiefer vor Erstaunen nach unten sauste: Drums, Gitarre und Keyboards krachten so retro-elektrisierend, dass es eine Wucht war, die völlig unerwartet auf mich hereinprasselte. Die Lichteffekte wirkten erstaunlich gut abgestimmt und auch die Tontechnik war äußerst beeindruckend für mich. Neben dem kernigen Set der Instrumente kam dann natürlich noch der Gesang ins Spiel und sorgte wohin ich auch schaute augenblicklich für verblüffte Gesichter: was da an Brillanz und Kraft von der Bühne erschallte, ist kaum in passende Wort zu fassen.
Die Band legt mit viel Spielfreude ein komplettes, professionelles Set von Songs aufs Tapet: Melancholie-, Minimalismus- und Tempowechsel- sowie peitschende Dancefloornummern wurden geschickt kombiniert und immer wieder von kleinen, pittoresken Hörspielepisoden und Publikuminteraktion (inklusive einer Fabel von Goldasteroiden als Irrlichter des Strebens und einen das Publikum umarmenden Ben Grimm) eingefasst.

Die Stilbezeichnung „Electroclash“ war mir bis dahin nicht geläufig. Ich habe jedoch seit vielen Jahren stets einige, wenige Musikstücke/ Stile besonders gemocht: Tigas Sunglasses At Night, Tomcrafts Loneliness, Kraftwerk, Karl Bartos, Anne Clark, New Order, Jimi Tenor, Ilsa Gold und Mikron 64- Electroclash greift für mich somit einige der faszinierenden Aspekte dieser Stile auf und scheint treffend ein Genre zu benennen, das meine nun neu mit einem Label etikettierte Vorliebe darstellt.

Electroclash bietet viel Freiraum für Spaß, „da viele Interpreten nicht zu ernst genommen werden wollen.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Electroclash): dieses Konzept ist hier perfekt aufgegangen: Ausstrahlung, detailverliebte, aufwendige Kostüme (inklusive irritierender Kontaktlinsen und einer nur kurz getragenen und daher umso mehr irritierenden Gesichtsteilmaske) und Humor sind in gleichem Maße beeindruckend wie die Professionalität und Frische der Musik. Ich habe mich selten besser unterhalten gefühlt als an diesem Abend.

Vielen Dank dafür an diese tolle Truppe von Clash Clash Bang Bang, die urbane Musikkultur ganz aus dem hippen Berlin bis nach Old-enburg brachten.

 



Clash Clash Bang Bang live in concert in Oldenburg am 01.12.2018



 

Polyesterklub Oldenburg

 

Der Polyesterklub Oldenburg. Einzigartiges Ambiente und Programm.